Sofa mit Meerblick

Meerblick oder Liebe? Natürlich beides. Aber was tun, wenn sich zwei Herzenswünsche ausschließen? 

Nele träumt schon lange von der wunderschönen Dachwohnung mit Blick auf die Flensburger Förde, die ihre Eltern bislang an Feriengäste vermieten. Ihr Traum kann wahrwerden, wenn sie ihnen einen handwerklich begabten Heiratskandidaten präsentiert, der in den Familienbetrieb einsteigt. Doch Jonathan, ihr langjähriger Freund, hat zwei linke Hände und von Handwerk keinen Schimmer.

Nele will schon resignieren, als Freundin Hanna eine Lösung weiß. Sie schickt einen unkonventionellen Chaoten als Kandidaten ins Feld, mit dem Nele ihre Eltern schockieren soll, damit sie sich den liebenswürdigen, wenn auch ungeschickten Jonathan an der Seite ihrer Tochter zurückwünschen. Aber was, wenn der Chaot sich nicht an das Drehbuch hält und nicht nur den Plan, sondern auch Nele ordentlich durcheinanderwirbelt?

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Leseprobe

Kapitel 1

Nele warf einen Blick auf ihr Handy. Oje, schon wieder so spät. Beim Blättern in der Zeitschrift war sie bei dem Dossier zum Thema Hochzeit hängengeblieben und hatte mal wieder die Zeit verpennt. Sie sollte sich abgewöhnen, die Lektüre schon beim Frühstück aufzuschlagen, sollte sie irgendwo deponieren, wo sie unerreichbar für sie war, damit sie erst gar nicht in Versuchung geriet. Allerdings war das in diesem engen Tiefparterre-Apartment eine Herausforderung, denn hier befand sich alles in greifbarer Nähe, egal, wo man gerade saß oder stand.
Jetzt aber flott, wenn sie mit Leo keinen Ärger bekommen wollte. Sie steckte den letzten Bissen von dem trockenen Knäckebrot in den Mund, kaute rasch zu Ende und nahm noch einen Schluck Kaffee im Stehen. Dann schnappte sie sich ihre Jeansjacke vom Haken, hängte die Tasche um und verließ das Apartment. Draußen stieg sie die fünf Stufen hinauf, die hinunter zu dem separaten Eingang führten, marschierte vorbei an den aufgeräumten Rabatten und dem Platz für die Mülltonnen, neben denen ihr Fahrrad parkte. Während sie das Rad am Haus vorbeischob – fahren war auf dem Grundstück nicht erlaubt – betete sie, dass die Wessel sie nicht abfing. Doch prompt öffnete sich das Küchenfenster im Erdgeschoss. Oh nein! 
»Ach, Frau Arnold, wie gut, dass ich Sie zufällig sehe.«
So zufällig sicher nicht, ging es Nele durch den Sinn. »Guten Morgen, Frau Wessel. Ich hab es gerade ganz fruchtbar eilig.«
»Ja, ich weiß. Ich mache es auch kurz. Mein Mann, der leidet Höllenqualen. Der Ausschlag am Unterarm, der ist noch schlimmer geworden, und die Salbe aus der Apotheke, die hilft kein bisschen. Vielleicht könnten Sie sich das später nochmal angucken? Sie haben immer so gute Ratschläge.«
»Klar, mache ich. Schönen Tag noch.« Nele legte einen Zacken zu, stieg aufs Rad und strampelte los. Es war nicht das erste Mal, dass ihr Rat bei gesundheitlichen Problemen in Anspruch genommen wurde, und sie hatte den Verdacht, dass sie den Zuschlag für das Apartment ihrer Ausbildung zur Medizinisch-technischen Assistentin zu verdanken hatte. Es war ja auch praktisch, jederzeit auf einen medizinisch versierten Mieter zurückgreifen zu können, wo man doch bei den Ärzten Wochen auf einen Termin warten musste. Dass Nele die Ausbildung bei Doktor Heuer bis zum Ende durchgehalten hatte, war ihrem Großvater zuzuschreiben. Nele, pflegte der zu sagen, wenn du dich einmal entschieden hast, dann bleibe dabei, auch wenn du merkst, dass es die falsche Entscheidung war. Eine Begründung dafür hatte er nicht mitgeliefert, aber als ehemaliger Lehrer für Deutsch und Geschichte musste er es wissen. Also hatte Nele sich an seinen Rat gehalten, obwohl sie schon wenige Wochen nach Beginn der Ausbildung festgestellt hatte, dass kranke Menschen sie in höchstem Maße deprimierten, und von denen gab es in einer Praxis für Allgemeinmedizin jede Menge. Kaum hatte sie den Schein in der Tasche gehabt, hatte sie das Handtuch geworfen. Aber davon wussten die Wessels nichts. Es ging sie nichts an und Nele war kaum verpflichtet, ihre Vermieter über einen Stellenwechsel zu informieren. Die Wessels bekamen regelmäßig ihre Miete für die Kellerbutze, alles andere war privat.

Kapitel 2

Leos Bistro, in dem sie seither arbeitete, war genau ihr Ding. Sie liebte es, zwischen den gut besetzten Tischen herzulaufen, Bestellungen aufzunehmen, Speisen und Getränke zu servieren, die Rechnungen zu kassieren, und es machte ihr nichts aus, am Abend länger zu bleiben oder kurzfristig einzuspringen, wenn Kollegen ausfielen. Wenn Not am Mann war, half sie sogar in der Küche, wusch Salat und schnippelte Gemüse oder bereitete vegetarische Burger zu. Sie liebte die Arbeit in dem Bistro, hier fühlte sie sich mitten im Leben, sie begegnete vielen – gesunden – Leuten und das Team war einfach spitze. Das Lokal lag nur einen Katzensprung von der Flensburger Fußgängerzone und auch vom Hafen entfernt, die leichten und bezahlbaren Gerichte lockten vor allem Touristen an, und auch junge Leute, die in ihrer Mittagspause, nach Schulschluss oder Feierabend kamen. 
Es war ein warmer Tag Anfang Juni und die Außentische waren jetzt um kurz nach zehn bereits gut besetzt. Nele schob ihr Rad die letzten Meter über das Kopfsteinpflaster in den Hof und kettete es an. Hanna, ihre beste Freundin, trat gerade aus der Hintertür, in der Hand eine Schachtel Zigaretten. »Da bist du ja. Er springt schon wieder im Sechseck.«
Mit ER war Leo, ihr Chef, gemeint. Im Sechseck zu springen war sein Sport, es hielt ihn fit.
»Oh Mann, es sind doch nur ein paar Minuten«, meckerte Nele.
»Wir haben die Abi-Klasse zum Brunch da, fünfunddreißig hungrige Teenies.«
»Und da hast du noch Zeit zum Rauchen?«
»Eigentlich nicht, aber das beruhigt mich.« Hanna steckte sich eine Zigarette an und sog den Rauch tief ein. Sie war neben Leo und Silvie die dritte Köchin in dem Laden und war für die eher einfache Bistroküche überqualifiziert, doch dieser Job sollte ohnehin nur eine Zwischenlösung sein. Sie hatte ihr Handwerk in einer noblen Hotelküche gelernt und plante, zusammen mit Nele ein eigenes kleines Restaurant zu eröffnen. Die beiden ergänzten sich prima, Hanna war die Küchenfee und Nele im Service zu Hause. Im Grunde fehlte es nur noch an einer passenden Lokalität.
»Mach dich auf was gefasst«, sagte Hanna noch, als Nele an ihr vorbei ins Gebäude huschte.
Aus der Küche klang das Klappern von Geschirr und Töpfen und das Geschrei des Personals. Nele mochte diesen aufgeheizten Sound, dazu die Mischung aus den verschiedensten Gerüchen – das klang in ihren Ohren wie ein wundervolles Orchester. Ihr Weg führte durch die Bistro-Küche und unweigerlich vorbei an Leo. Da stand er auch schon am Herd, kommandierte, guckte den anderen über die Schultern und trieb sie an. Dann erblicke er Nele. »Na, da schau her, Madame Arnold persönlich. Welche Ehre.«
»Äh, tut mir leid. War ein Notfall.«
Leo stemmte die Fäuste in die Hüften und blickte sie grimmig an. »Der einzige Notfall, der dich interessieren sollte, ist unser überfülltes Lokal. Wer das nicht kapiert, ist hier fehl am Platz. Es gibt hunderte Studentinnen, die deinen Job mit Handkuss übernehmen würden.«
Jajaja, dachte Nele, marschierte weiter in den Mitarbeiterraum und zog sich um. Den Spruch mit den Studentinnen ließ er jedes Mal vom Stapel. Dabei wusste er doch, dass die erst angelernt werden mussten, und nicht selten stellte sich heraus, dass sie für den Job einfach nicht taugten. Der erforderte nämlich ein hohes Maß an Wendigkeit, körperlich und geistig. So schnell würde er sie nicht rauswerfen, da war Nele sicher. Eher würde er sie anflehen zu bleiben und ihren Lohn erhöhen, sollte sie von selbst gehen wollen. Aber der Zeitpunkt war noch nicht gekommen. Bis Hanna und sie ihr eigenes Bistro eröffnen konnten, würde es noch ein, zwei Jährchen dauern. Und bis dahin konnte sie über Leos Launen hinwegsehen. Manchmal war er ja auch ganz erträglich, und wenn ein Event besonders gut gelaufen war, saß das gesamte Team nach Feierabend zusammen wie eine Großfamilie, sie aßen, tranken und lachten auf Leos Kosten.   

Die Abiturienten bewiesen Ausdauer und in der Mittagszeit war der Andrang so groß, dass die Leute sogar anstanden, um einen Tisch im Außenbereich zu bekommen. Kein Wunder bei dem Wetter. Obwohl erst Anfang Juni, war die Luft schon sommerlich warm. Bis zum Nachmittag gab es keine freie Minute für das Personal im Service, erst gegen drei Uhr wurde es ruhiger und Nele konnte eine Pause einlegen.
Sie holte ihre Zigaretten aus dem Spind, ließ sich von Micha, dem Barista, einen starken Kaffee zubereiten, und ging damit in den Hinterhof. Wenn es so stressig zuging wie heute empfand sie eine Zigarette als entspannend. Grundsätzlich aber war es natürlich die reinste Geldverschwendung und so rauchte sie nur gelegentlich. Sie sparte ihre Euros lieber für eine schönere Wohnung, denn eines Tages, da war sie sicher, würde sie den Wessels die Kündigung überreichen.    
Auch in der Küche war es ruhiger geworden und Hanna begleitete Nele nach draußen. 
»Oh Mann, was für ein Tag!«, stöhnten beide im Chor.  
Hanna steckte sich eine Zigarette an und reichte Nele das Feuerzeug. »Leo ist zu beneiden, der Laden ist ’ne Goldgrube.«  
»Er lässt uns schuften, mault uns an und kassiert die Kohle.«
»Lange mach ich das nicht mehr mit«, sagte Hanna. »Wir sollten ernsthaft anfangen, uns nach einem freien Lokal umzusehen.«
»Mir würde eine andere Wohnung vorerst reichen. Meine Bude ist nichts, wovon eine dynamische, attraktive, unternehmungsfreudige, weltoffene Fünfundzwanzigjährige träumt.«
Hanna grinste. »Nein, ich weiß. Die träumt nämlich von Bewegungsfreiheit, von schicken Möbeln und einem modernen Küchenblock, von einem Kingsize Bett mit zwanzig bunten Kuschelkissen und einem Kleiderschrank bis unter die Decke.«
Hanna spielte auf die traumhaft schöne, für Neles Bedürfnisse geradezu perfekte Dachgeschosswohnung im Kapitänsviertel an, die ihre Eltern als Ferienwohnung vermieteten und die eines Tages ihr gehören sollte. Bis dieser glückselige Tag endlich kommen würde, konnten Jahre ins Land gehen, und bis dahin war sie dafür zuständig, sie in Ordnung zu halten, zu putzen, die Betten zu beziehen, die Pflanzen zu gießen und was es sonst noch an Aufräumarbeiten gab.
Ihr Handy klingelte. Sie zog es aus der Hosentasche, warf einen Blick drauf und verzog den Mund. »Mama, was gibt’s?«
»Nele, du hast ja nicht vergessen, dass morgen neue Gäste kommen?«
»Natürlich nicht. Ich fahre nach Feierabend rüber.«
»Sie sind zu viert. Du musst also die Betten in beiden Zimmern beziehen.«
»Ja, kein Problem.«
»Und denk auch an die Handtücher!«
»Ja Mama, ich denke an die Handtücher.« Murrend legte Nele auf. Nur ein einziges Mal hatte sie vergessen, frische Handtücher aus dem Vorratszimmer ins Bad zu hängen. Ein einziges Mal! Und das war Monate her. Jetzt wurde sie jedes Mal mahnend daran erinnert, die Handtücher nicht zu vergessen.
»Neue Feriengäste im Anmarsch?«, fragte Hanna.
»Was sonst?« Nele seufzte, drückte die Kippe im Ascher aus und ging hinein.

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